Hamburg Marathon – DIE HÄLFTE

KM 20 : Nachdem ich vor Langeweile an meiner Pulsuhr (Garmin 910XT) rumgespielt und blöderweise zwischendurch den Knopf LAP gedrückt habe sagt die Uhr jetzt (oder zeigt es an vielmehr) LAP21 …. juhuuuuuuuuu – die Häfte ….. aber warum ist hier kein Schild 21KM und warum spielt keine Bundeswehrband zur Motivation ?

KM 21 :Juhuuuuuuuuu – die Häfte ….. hier ist ein Schild 21KM, aber warum spielt keine Bundeswehrband zur Motivation ? Wäre mir glaub sowieso auf den Nerv gegangen weil jetzt mein Knie richtig rumnörgelt. Ich nehme zum 1. mal den im Starterbeutel gefundenen Schwamm, mache ihn in einer Wanne mit Wasser (es kommt direkt aus dem Hydrant und ist A…hkalt) nass und drücke ihn klatschenass auf das Knie. Die Erdanziehungskraft sorgt dafür, dass … kurz gesagt … komplett nasses Bein inklusive Fuß, Socken, Schuhe.

Garmin LAP 22 : KM 21,2 … ich bin sowas von verwirrt, dass ich mein Bein nicht mehr spüre – also das Nasse. Oder liegt das daran, dass es komplett durchgefroren ist ? Man weiß es nicht – auf jeden Fall scheint das Knie erfroren zu sein. Es hat aufgehört zu maulen.

KM 21,4 : Das ist jetzt aber echt doof mit dem Garmin-KM und den „richtigen“ KM. Was mach ich nur ? Ich muss etwas machen sonst geht mir das bis 42,195 auf den Keks.

KM 21,45 : Geistesblitz – ich drücke einfach bei Schild KM22 auf den LAP-Button. Dann zeigt er zwar immer irgendwie 2-5 mehr LAPS an als KM (ich habe die Automatik an, dass er mir jeden KM die Pace für den letzten KM zeigt) aber wenigstens immer bei vollen KM und nicht mittendrin. Das macht mich genauso irre wie ein schiefes Bild an der Wand. Da könnte ich … aber das ist ein anderes Thema.

KM 22 : LAP !! LAP23 … jetzt passt es wieder. Aber wieviel muss ich jetzt abziehen um auf die genauen KM zu kommen. Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh – ich schau einfach nicht mehr drauf (ihr wisst das das nicht klappt …)

KM 23 : Knie ist wieder aufgewacht nachdem eine älteren Dame die auf ihrer Blockflöte auf dem Balkon „kein schöner Land in dieser Zeit“ gespielt hat. Und jetzt ist es richtig sauer „wie jetzt – du willst mich betäuben ? Dir helf ich ….“ Es sitzt eindeutig am längeren Hebel …. kein schöner Land ….

KM 25 : Rätsel – wieviel zeigt mein Garmin jetzt an ? Ich hab keine Ahnung weil zu diesem Zeitpunkt habe ich noch nicht geschaut :-) Außerdem : Wasser aus dem Hydrant – mein liebes Knie – dir helf ich.

KM 25,3 : Knie schläft …. Yvonne nicht – sie hetzt von einer Station zur nächsten. Bewaffnet mit Eisspray und Zuspruch – sie meint „Uwe macht sich Sorgen um Dich weil du stehen geblieben bist : Man wird ja mal schiffen dürfen HERRGOTT“. Uwe scheint meinen Lauf aus Emmingen zu Überwachen – das ist mal unglaublich. Yvonne läuft noch ein paar Meter mit und verschwindet wieder in der Menschenmenge … sie brüllt „KM 31“

KM 25,8 (ungefähr) : Ein wohl sehr christlicher Mann steht mit seinem Rad am Rand und redet irgendwas von „habt keine Angst vor dem Tod“ und „das Paradies“ und sonstiges …. so schlimm finde ich den Marathon aber bis jetzt noch gar nicht. Ich habe auf jeden Fall nicht das Gefühl das ich auf dem Weg ins Jenseits bin … oder sollte ich etwas langsamer laufen und erst mal schauen was mit denen vor mir passiert ? Hmmm … das Knie hat Schlafstörungen.

KM 28 : Knie ist wieder wach … und zwar sowas von. Ich musste grad durchsichtiges …. und da grad ein Busch vorbeikam blieb ich kurz stehen. Wieder anlaufen ist wirklich ganz bitter …. irgendeiner hat gesagt, dass ein Marathon erst bei KM32 beginnt. Vielleicht sollte ich das nächste mal erst ab da mitlaufen.

KM 30 : Leck mich am Arsch jetzt. Ich kann nicht mehr stehen bleiben sonst ist es vorbei. Getränkestand, Eiswasser, Gel – ich bleib stehen. Es ist wirklich fast vorbei. Das Eiswasser hilft nur noch bedingt. Es hilft wenigstens wieder zum Anlaufen.

KM 31 : Yvonne ist da und hier ist die Hölle los – ich werde von den Menschen und Yvonne nach vorne gepeitscht. Ich laufe jetzt echt von Yvonne zu Yvonne. Sie schreit „KM 38“

KM 32 : Was mich echt wundert – konditionell geht mir heute gar nix ab. Hamburg peitscht einen nach vorne. Die Menschen hier sind der Wahnsinn. ICH LIEBE HAMBURG. Das einzige was mich heute noch stoppen kann ist das Knie.

KM 36 : Ich werde langsamer und kann fast nicht mehr auftreten …. ich will aufhören zu laufen da kommt einer von hinten und schiebt mich sanft an der Schulter und sagt „Wenn du jetzt stehen bleibst ist es vorbei. Dein Knie wird dich umbringen.“ Ich schau mich um und er sieht vertrauenserweckend aus. Also beschließe ich ihn nicht stolpern zu lassen sondern sag „Danke“ und laufe weiter … und laufe und laufe und denke „Hey Windi – das packst du“. Es ist das erste Mal, dass ich so wirklich dran glaube es ins Ziel zu bringen. Schlimmer kann das Knie nicht mehr werden und solange alle paar KM ein Hydrant vorbeikommt wird es gehen.

KM 38 : Yvonne sieht wohl das es echt ernst wird. Ich mag eigentlich nimmer aber nach der Ansage von ihr traue ich mich gar nicht mehr aufzuhören :-) Arnika, Eisspray, Kuss …

KM 39 : Ich weiß ich sollte jetzt noch ein Gel nehmen – aber ich kriege das nicht mehr runter. Eine Frau steht am Rand mit einem Teller in der Hand – darauf eine Banane (ich würge schon beim schreiben) und ein Stück Orange. Sie schreit mir entgegen „Thorsten – du schaffst das – nimm dir ein Stück Obst“. Ich beschließe Sie zu heiraten, sage ihr das, und nehme das Stück Orange. Sie will mich nicht heiraten :-( Sie ruft „Lauf – Thorsten – nicht stehen bleiben – du schaffst das“ … auch eine nette Art einen wegzuschicken. Auf jeden Fall war die Orange ein Geschenk des Gottes von dem vorher der Mann auf dem Rad gesprochen hat. Ob ich wohl doch schon auf dem besten Weg bin …..

KM 40 : Nochmal an der Alster vorbei – ich wäre jetzt lieber schon auf einem der Boote die da rumschiffen. Geht aber nicht – also weiter. Ich schaff das … es ist unglaublich … durchsichtiges …. diesmal im Auge 😉

Hamburg Marathon – DAS ZIEL

 

 

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